Was macht die SPD? Soziale Politik für dich.
Mitglied werden!08. Dezember 2022 Thema: Blog Von Johannes Waldmann
In meiner Haushaltsrede habe ich für die SPD-Kreistagsfraktion unsere Ablehnung zum Haushalt 2023 begründet.
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kreistagsmitglieder,
vor ein paar Wochen ist mir ein älteres Zitat von unserem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier begegnet. Während der Haushaltsberatungen kam es mir in verschiedenen Sitzungen immer wieder in den Sinn, weil es doch auch etwas über unsere Situation aussagt. Das Zitat lautet:
„Demokratie heißt immer: die Bereitschaft, nicht nur eigene Interessen zu sehen, und die Fähigkeit zum Ausgleich und zum Kompromiss.“
Die Fähigkeit zum Ausgleich und zum Kompromiss ist im Jahr 2022 bei der größten Fraktion und dem Landrat leider nicht besonders ausgeprägt. Vielmehr muss ich feststellen, dass irgendwann in diesem Jahr die Bereitschaft zur Zusammenarbeit in den Fragen des Haushalts und der Gestaltung des Kreises Coesfeld arg gelitten hat.
In früheren Jahren, auch zu Zeiten deutlichster absoluter Mehrheiten, war es meistens so, dass ein gemeinsamer Weg gesucht wurde. Es wurde anerkannt, dass gerade Investitionen in die soziale Infrastruktur des Kreises sinnvoll sind, entsprechende Anträge fanden oft eine Mehrheit.
Dieses Jahr dagegen wird alles niedergestimmt, was nicht der reinen Lehre entspricht. Ich bedauere das sehr und möchte Ihnen deshalb nochmal ins Gedächtnis rufen, wie es in unserem Kreis eigentlich aussieht und in welcher Situation wir uns befinden.
Ohne Zweifel leben wir in einer Zeit vieler Krisen. Es gibt dafür den Begriff der Stapelkrisen, eine Krise kommt auf eine andere und auf noch eine weitere. Wir kämpfen immer noch mit den Folgen von Corona – und es gibt keine Garantie, dass diese Krise vorbei ist. Wir leiden unter den Auswirkungen des Ukraine-Krieges, die jede einzelne Familie, jeder einzelne Haushalt auch hier im Kreis spürt. Gleichzeitig sind unsere Gedanken natürlich bei den Menschen in der Ukraine, die ganz direkt die schrecklichen Folgen des russischen Angriffskriegs aushalten müssen. Und über die Inflation, über steigende Lebensmittelpreise, auch über die Klimakrise, habe ich jetzt noch gar nichts gesagt.
In dieser Situation bin ich überzeugt davon: Unsere Kreispolitik braucht eine klare soziale Ausrichtung. Er braucht eine klare soziale Handschrift, die Familien hilft, die in diesen Krisen in eine schwierige Situation kommen. Wir brauchen eine Unterstützung für diejenigen in unserer Gesellschaft, die zum Teil mit sehr geringen Einkommen auskommen müssen. Denn unser Zusammenhalt, das Zusammenleben in unserer Gesellschaft, bestimmt sich gerade dadurch, wie wir mit denen umgehen, die Hilfe brauchen.
Der vorliegende Haushaltsentwurf tut dafür allerdings wenig. Er enthält in vielen Punkten nur das Allernötigste. Was fehlt sind Schwerpunkte und politische Ideen. Das sieht man auch daran, dass die CDU als größte Fraktion in diesem Kreistag keinen einzigen Antrag zum Haushalt gestellt hat, aber fast alle anderen Ideen abschmettert. Aus meiner Sicht ist das leider ein politischer Offenbarungseid der Ideenlosigkeit angesichts großer Probleme.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist doch ein Skandal, dass im Kreis Coesfeld Elterngeldanträge ewig brauchen, bis sie mal bearbeitet werden. Viele der Familien, die diese Anträge stellen, brauchen dieses Geld dringend – eine Reduzierung der Bearbeitungszeit ist angesagt und ja auch mit zusätzlichen Mitteln.
Es ist auch ein Skandal, dass wir nichts an den Kitabeiträgen tun – obwohl wir es könnten. In den Beratungen haben wir oft den Kreis mit der Stadt Hamm verglichen, die wesentlich eltern- und kinderfreundlicher handelt. Uns wird dann von Kreisseite oft entgegnet, dass man ja Hamm nicht mit dem Kreis Coesfeld vergleichen können. Aber es sind auch viele Flächenkreise, die hier sozialer handeln. Ich habe nur mal die Zahlen für den Kreis Euskirchen rausgesucht, auch ein Flächenkreis wie wir. Und man sieht: Geschwisterkinder sind beitragsfrei, Eltern mit geringen Einkommen sind von den Beiträgen befreit.
Man muss also nur wollen, dann geht es auch. Das Problem ist nur: Wir im Kreis Coesfeld wollen offenbar gar nicht.
Wer leider offenbar auch nicht so viel will, wie möglich wäre, ist das Land NRW. Bei der Unterstützung für die Unterbringung Geflüchteter bleibt das Land weit unter den Möglichkeiten. Die Zahlen sind in diesem Jahr deutlich gestiegen – natürlich sehr stark durch die Menschen aus der Ukraine, die zu uns gekommen sind, um vor dem Krieg in ihrer Heimat zu flüchten. Aber es sind natürlich auch Menschen aus vielen anderen Teilen der Welt, die bei uns Schutz suchen. Aktuell stellt das Land nicht mal ein Drittel der Plätze zur Verfügung, die wir 2015 und 2016 zur Verfügung hatten, was einfach zu wenig ist.
Und noch ein Punkt zur Landespolitik mit direkter Auswirkung auf unseren Haushalt: Die Möglichkeit zur Isolierung bestimmter Kosten ist richtig. Aber die Isolierung dieser Kosten verleitet aus meiner Sicht dazu, das alles auf die lange Bank zu schieben. Deshalb auch noch mal deutlich: Auch ein isoliertes Minus ist ein Minus. Und wir können davor nicht wegrennen – dieses Minus wird uns über kurz oder lang immer wieder einholen. Das bedeutet aus meiner Sicht als Botschaft an das Land: Es braucht mehr Unterstützung, mehr Hilfe für die kommunalen Haushalte – und eben nicht nur Verschiebungen in die nahe oder ferne Zukunft.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein beliebter Kritikpunkt in den Haushaltsberatungen des Kreises ist fast immer die Kreisumlage gewesen. Damit bin ich in diesem Jahr etwas zurückhaltender. Außerordentlich schwierig finde ich aber die Idee, jetzt noch in die Rücklage zu greifen, um die Umlage zu senken.
Das ist dann die berühmte Gießkanne: Wir fahren unsere Rücklage zurück – was wir grundsätzlich durchaus begrüßen, ein Prozent der Bilanzsumme sollte ausreichend sein. Aber in den Kommunen sind die ankommenden Beträge so verhältnismäßig gering, dass damit kaum größere Schritte in unserer sozialen Infrastruktur möglich sind.
Viel besser wäre es, wenn wir als Kreis zusammen mit den Kommunen tätig werden, um mehr zu tun für Kinder, Familien und die Bildung. Gemeinsam können wichtige Themen angegangen werden, um so aus dem vorhandenen Geld mehr herauszuholen.
Bei der kreisweiten Digitalisierungsstrategie hat das schon gut geklappt. Warum machen wir so etwas nicht auch bei unserer Schulentwicklungsplanung? Oder bei der Kultur? Warum gehen wir nicht auch bei den Anstrengungen zum familienfreundlichen Kreis zusammen voran? In Sonntagsreden sind wir uns alle einig. Also tun wir doch alle zusammen etwas für einen sozialeren Kreis.
Sehr geehrte Damen und Herren, Krisen bewältigt man nur gemeinsam. Dafür braucht es den Ausgleich und den Kompromiss, ganz so, wie es im Zitat des Bundespräsidenten formuliert ist.
Der Haushaltsentwurf lässt diesen Ausgleich vermissen. Ihm fehlt das Soziale, es ist ein Haushalt des Allernötigsten, aber nicht des Wichtigen. Daran in den Beratungen etwas zu ändern, war leider erfolglos – die CDU hat selbst keine Ideen präsentiert und versucht alle anderen Ideen kleinzuhalten.
So einem Haushaltsentwurf können und werden wir nicht zustimmen. Wir werden natürlich auch weiterhin bei den vielen großen und wichtigen Projekten für den Kreis konstruktiv mitarbeiten und uns einbringen. Ich denke an den Neubau der Rettungswache, an die Mobilitätsstation, an das Kreishaus, etc.
Aber ich bitte zu bedenken: Kreispolitik besteht nicht nur aus Gebäuden, nicht nur aus Baupolitik. Ausgemacht wird der Kreis durch das soziale Miteinander im Kreis – und genau da bewegt dieser Haushalt viel zu wenig.
Abschließend will ich der ganzen Verwaltung für die gute Zusammenarbeit danken – ganz besonders aber der neuen Kämmerin Frau Grotke, für die die erste Haushaltsaufstellung sicher auch etwas besonderes war.
Und zuallerletzt wünsche ich Ihnen allen natürlich eine schöne verbleibende Adventszeit und schöne Feiertage – das darf 17 Tage vor Weihnachten natürlich auch nicht fehlen!
Vielen Dank.
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